1933 | Hitler ergreift die Macht. Nach den Prüfungen im Frühjahr ordnet das Ministerium in Berlin an, alle die Schüler, die die Prüfungen nicht bestanden haben, „wohlwollend und verständnisvoll zu prüfen“, da sie wegen Teilnahme an Aufmärschen und Versammlungen der Nationalsozialisten keine Zeit zum Lernen hatten. Die NS-Schüler bestehen die Prüfung, ein Schüler wird abgewiesen, da er sich nicht beteiligt hat |
1934 | Zehn Schüler gehören der Hitlerjugend an, 68 dem Deutschen Jungvolk (Pimpfe), zehn der Marine-HJ, neun dem Bund Deutscher Mädel (BDM), 59 den Jungmädels. Acht Schüler gehören keiner Organisation an. Einer der Lehrer schlägt Schüler, die sich weigern, mit dem Hitlergruß zu grüßen. |
1935 | Am Tag des deutschen Volkstums findet ein Volksliedersingen auf dem Lustwall statt. Neun Prüflingen wird die Reife für die Obersekunda bestätigt. (Drei Jahre später legen erstmals acht Schüler die volle Reifeprüfung abgelegt.) |
1936 | Nach der Teilnahme an Luftschutzlehrgängen wird im Deutschunterricht ein Aufsatz zum Thema „Warum Luftschutz?“ geschrieben. Die Wilhelmschule wird in „Oberschule für Jungen“ umbenannt. Bis 1945 steht die Schule unter der Leitung von Direktor Bliedner. 75% der Lehrer sind Mitglied der NSDAP. |
1936 | Der Nordflügel des Schulgebäudes wird bis 1937 ausgebaut. Jeder Klassenraum erhält drei statt bisher zwei Fenster. Fachräume für zwei Naturwissenschaften entstehen. Die Baracke rechts vom Schulgebäude wird gebaut, wodurch zwei weitere Unterrichtsräume entstehen. Vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung wird angeordnet, „bei der Jugend den Stolz auf die Teilnahme des Vaters und der nächsten Verwandten am [ersten] Weltkrieg zu erwecken und zu kräftigen“. Die NSDAP-Schulung für alle Lehrer wird verbindlich. Thema der Prüfungsaufsätze: Adolf Hitlers Werdegang nach seinem Buch „Mein Kampf“; Bericht über ein für die Hitlerjugend charakteristisches Erlebnis |
1937 | Das Ministerium verlangt von den Lehrern den Nachweis der arischen Abstammung (Ahnenpass). Auch für die Ehefrau ist anzugeben, ob eventuell jüdische Vorfahren vorhanden sind. Alle Lehrer, die älter als 25 Jahre sind, müssen eine schriftliche Stellungnahme darüber abgeben, warum sie noch nicht verheiratet sind und wie sie sich zukünftig verhalten werden. Materielle Gründe gelten nicht als Eheverweigerung. Von den Lehrern wird das regelmäßige Studium der nationalsozialistischen Presse, in erster Linie des Kampfblattes „Der Völkische Beobachter“ erwartet. Schulleiter müssen über Versuche von Pfarrern, in die Lehrtätigkeit an den Schulen durch Beeinflussung der Lehrer einzugreifen, Bericht erstatten. Unter anderem folgende Beamtenvereinigungen müssen aufgelöst werden: Philologischer Verein, Bund evangelischer Religionslehrer, Verein katholischer Religionslehrer, Geselliger Lehrerverein. |
1938 | Die Studienassessoren Dr. Woldt und Dr. Ciossek sind als Einzige noch nicht Mitglied der N.S.V. (NSDAP-Formation für Beamte). Sie müssen sich bis zum !0. August dazu äußern. Gisela Hainichen erklärt sich bereit, im Falle der Mobilmachung (lt. Münchener Abkommen) sofort die Vertretung an der Wilhelmschule zu übernehmen. |
1940 | Die Einweihung eines Gedenksteins für die gefallenen Abiturienten des ersten Weltkrieges trägt zur hurrapatriotischen Erziehung bei. 1945 wird dieser Stein entfernt, am 6. März 2001 bei Bauarbeiten in Mahlzow wiederentdeckt, mit der neuen Tafel „wir lehren und lernen für den Frieden“ am Lustwall aufgestellt, wenig später durch eine Tafel mit dem Logo des Runge-Gymnasiums ersetzt |
1941 | Die Schule hat 12 Lehrkräfte, 2 Hausmeister, 89 Schüler und 47 Schülerinnen. Die Lehrer erhalten die Anweisung, drei Wochen der Sommerferien „in der Landwirtschaft oder einer kriegswirtschaftlichen Dienststelle“ zu arbeiten. Auch ältere Schüler werden in der Landwirtschaft eingesetzt. |
1942 | Die Karikierung des Lehrerberufes wird verboten. Der Unabkömmlichkeitsantrag des Lehrers Karl Woldt wird abgelehnt, er muss an die Front. |
1943 | Nach dem Bombenangriff auf Peenemünde wird die Schule wegen Luftgefährdung nach Wieck auf Rügen, Ende 1944 nach Heringsdorf und Ahlbeck verlegt. Die Schüler kommen im Januar 1945 nach Hause. Es stehen ihnen zwei Räume in der Burgstraße 2 zur Verfügung, meist werden Hausaufgaben erteilt. Das Schulgebäude am Lustwall wird von der Heeresversuchsanstalt Peenemünde genutzt. |
1944 | Den Schülern dieses Jahrgangs wird das Notabitur zuerkannt, sie werden an der Front eingesetzt. Die wenigen Überlebenden setzten 1992 einen Gedenkstein in die Gustav-Adolf-Schlucht. Die 14-jährigen männlichen Schüler werden zum Osteinsatz verpflichtet, wo sie den „Ostwall“ errichten sollen. 1000 Jungen, darunter Wolgaster Schüler, sind in einem Zeltlager bei Deutsch-Krone untergebracht, wo es auch zu Unruhen gegen die HJ-Führung kommt. Es häufen sich seit dem Jahr 1943 Entschuldigungszettel, weil Schüler oder Eltern durch Bomben verletzt oder getötet wurden, verwaiste Kinder melden sich zu Verwandten in anderen Teilen des „Großdeutschen Reiches“ ab. |
1945 | In den letzten Kriegswochen werden Dienstverpflichtete in der Schule auf Stroh untergebracht, die Panzergräben und Sperren errichten müssen. Am 30. April zieht die Rote Armee in Wolgast ein. Die Wilhelmschule wird Kommandantur, die Turnhalle bis Sommer 1946 als Garage und Depot für eingezogene Fahrräder, Radios und Kameras genutzt. |
Hinweis: Die Chronik erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. (Quelle: Jubiläumsschrift, 2008)